Tuesday, November 6, 2018

Flucht und Exil (1)

Varian Fry, geboren 1907 in New York, ermöglichte im Auftrag des amerikanischen Emergency Rescue Committee, gegründet unter anderem vom Literaturnobelpreisträger und selber geflohenem Thomas Mann, im Zweiten Weltkrieg in Marseille etwa 2000 Menschen die Flucht vor den Nationalsozialisten. Das Rettungsnetzwerks des Journalisten Fry war durchdrungen vom Humanismus und geprägt durch Cleverness. Sein Erinnerungsbuch über die Abgründe der Flucht, über den menschenverachtenden Irrsinn der Verfolgung, liest sich wie ein Kommentar unserer aktuellen Gegenwart. Migration hieß damals Exil. Die ihrer Heimat beraubten, waren damals wie heute unerwünscht und ein Spielball der Politik. Varian Fry war damals ein krimineller Schlepper, heute ist er ein Held mit einer nach ihm im Herzen Berlins benannten Straße. 



„Für wen halten Sie sich eigentlich, daß sie glauben, sich hier vordrängeln zu können?“, schnauzte er auf Französisch. „Gehen Sie gefälligst an Ihren Platz zurück und warten Sie, bis Sie an der Reihe sind.“ Als ich ihm erklärte, ich sei amerikanischer Staatsbürger und hierher gekommen, um mich nach den Visa einiger Flüchtlinge zu erkundigen, für die sich mein Komitee interessiere, änderte sich sein Ton augenblicklich.

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